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  • Julian

Buchclub: Rezension von "Liebe in Zeiten des Hasses"

Aktualisiert: 10. Juli 2022

📚Buchclub

Florian Illies, „Liebe in Zeiten des Hasses“, 379 Seiten, S.Fischer Verlage, 2021

Es ist schon ein erstaunliches Buch, das Bestseller Autor Florian Illies vergangenes Jahr vorgelegt hat. In „Liebe in Zeiten des Hasses“ trägt der literarische Chronist die Liebes-, Bett- und Freundschaftsgeschichten von unzähligen Prominenten vor, während und nach 1933 zusammen. Die oft wenig schmeichelhaften, doch manchmal rührenden Miniaturen der Liebe sind fabelhaft recherchiert und kurzweilig geschrieben. Und so erfahren wir von Untergangspropheten und (Alp-)Traumtänzern, Glamourqueens und gefallenen Stars, Gernegroßen und bescheidenen Weltstars, scheußlichen Verrätern und heldenhaften Würdenträgern, Aufrechtgehenden und Gebrochenen und manchmal beides zugleich.


Je weiter man im Buch kommt, desto deutlicher werden die flirrende Unruhe der späten Weimarer Republik deutlicher und die Schatten an der Wand, die irgendwann durch die Machtergreifung der Nazis im Januar 1933 zu allzu realen Monstern werden und im großen wie im kleinen Verheerungen anrichten. Wenn der Spiegel Bild für Bildungsbürger ist, ist „Liebe in Zeiten des Hasses“ die Gala für Kulturhistorisch Interessierte und so erfahrt man von Walter Benjamins Hellsichtigkeit und Würde, wie F Scott Fitzgerald in der Liebe versagte und aus seinem Versagen Weltliteratur machte, von Joseph Goebbels ekelerregender nationalsozialistischer Kulturstörergruppe vor 1933, Marlene Dietrichs goldenem Käfig zwischen Paris, Cote d Azur und Hollywood, Josephine Bakers persönlichem Drama und Widerstand, vom großen, metaphysischen Hesse als narzisstischern Kleingeist in der Liebe, Brechts Lug und Betrug in Beziehungen, die Liste ist so endlos wie spannend.


Das Buch ist super gut zu lesen und beschreibt eine aufgeregte Gesellschaft, die vor lauter Krise versucht sich nur noch ins Hier und Jetzt des überwiegend Berliner Lebens zu stürzen, das dem in der Jetztzeit anfangs erstaunlich ähnlich ist und spätestens hier wird es dann unheimlich. Denn wie schnell krisenhafte Gesellschaften kippen können, das beschreibt dieses Buch auch. Leseempfehlung!


Lesung in Dresden




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